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LH Mikl-Leitner: Aufbruch in die Energieunabhängigkeit

Fünf konkrete Maßnahmen für günstigere Preise, für mehr Sicherheit und für das Klima

„Wir alle spüren es: die Welt ist im Umbruch“, sagte Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner heute, Dienstag, im Zuge einer Pressekonferenz im NÖ Landhaus, bei der „Niederösterreichs Weg in die Energieunabhängigkeit“ präsentiert wurde: „Wenn die Welt im Umbruch ist, heißt es für uns in Niederösterreich: Aufbruch in die Energieunabhängigkeit." Gemeinsam mit LH-Stellvertreter Stephan Pernkopf, dem Geschäftsführer des Economica-Instituts Christian Helmenstein sowie dem Geschäftsführer der Österreichischen Energieagentur Franz Angerer stellte die Landeshauptfrau dabei weitere Maßnahmen Niederösterreichs vor, mit denen der Weg in die Energieunabhängigkeit fortgesetzt werden soll.

Zunächst nannte Mikl-Leitner drei konkrete Gründe für diesen Weg: „Zum Ersten wollen wir die Bürgerinnen und Bürger entlasten. Wir haben dafür schon ganz konkrete Maßnahmen gesetzt wie etwa den Strompreisrabatt. Wichtig ist aber auch, die Bürgerinnen und Bürger langfristig zu entlasten.“ Zum Zweiten wolle man in einer Zeit mit Anschlägen auf Pipelines oder drohenden Blackouts auch „für mehr Sicherheit bei der Versorgung“ sorgen, durch weniger Abhängigkeit von ausländischen Lieferungen und weniger Anfälligkeit für europäische Netzschwankungen. Der dritte Grund sei der Umwelt- und Klimaschutz, so die Landeshauptfrau: „Niederösterreich ist Vorreiter bei der nachhaltigen Stromerzeugung. Die Hälfte des gesamten österreichischen Windstromes kommt aus Niederösterreich und ein Viertel des gesamten österreichischen Photovoltaikstromes.“ Und diesen Ausbau wolle man nun beschleunigen, betonte sie: „Wir wollen für Niederösterreich das größte und schnellste Ausbauprogramm für Wasser, Wind, Sonne und Biomasse von ganz Österreich.“

Aus diesen Gründen präsentiere man heute fünf konkrete Maßnahmen „für günstigere Preise, für mehr Sicherheit und für das Klima“ fuhr Mikl-Leitner fort.  So wolle man erstens die Windkraft ausbauen, bis 2035 soll diese um 200 Prozent gesteigert werden: „Wir werden bestehende Anlagen modernisieren und auch 250 neue Windräder bauen.“ Zweitens soll die Photovoltaik bis 2025 um 350 Prozent gesteigert werden, das bedeute rund 130.000 zusätzliche PV-Anlagen in Niederösterreich. Drittens werde man in die Klein-Wasserkraftwerke investieren. Hier werde es aber keine neuen Wasserkraftwerke geben, sondern es soll die Effizienz der bestehenden erhöht werden. „Viertens werden wir in Biomasse investieren“, so die Landeshauptfrau weiter: „Bis 2030 werden weitere 200 Anlagen errichtet.“ Fünfter Punkt seien neue, stärkere Leitungen: „Wir wollen auch weiterhin die Leitungskapazität und somit in die Netzsicherheit investieren.“ Insgesamt sollen zu den derzeit 92 Umspannwerken der EVN 40 weitere hinzukommen: „Wir haben eines der sichersten Netze der Welt und wir machen dieses Netz noch sicherer.“

„Die Energiewende findet in unserem Land tagtäglich statt“, zeigte sich LH-Stellvertreter Pernkopf überzeugt. „Heute macht sich bezahlt, dass wir diesen Weg schon immer konsequent gegangen sind, um die Menschen zu entlasten, das Klima zu schützen und die Wirtschaft zu stützen“, so Pernkopf, der anschließend die Ausbaupläne des Landes im Detail erläuterte.

So wolle man etwa die Windenergie bis 2030 verdoppeln und bis 2035 verdreifachen. Erreichen wolle man dies durch Abrundungen und Arrondierungen der bestehenden Windzonen, wodurch Platz für mindestens 100 zusätzliche Windräder bei heute schon bestehenden Windparks geschaffen werde. Es werde aber auch neue Flächen für rund 150 weitere Windräder geben, diese wolle man mit Experten und im Einklang mit Ökologie, Region und den heute schon geltenden Abstandsregelungen zu Wohngebieten festlegen. Besonders verwies er auch auf das so genannte Re-Powering, hierbei werden bestehende Windräder durch neue, effizientere ersetzt: „Alleine damit werden wir 300 bis 400 MW mehr Windstrom erzeugen, ohne dass dafür neue Windräder gebraucht werden.“

Bei der Sonnenkraft habe man das bisherige Ziel von 2000 Gigawatt-Stunden auf 3.000 erhöht. Bereits heute habe man 70.000 PV-Anlagen im Land, das entspreche einer Steigerung von 22 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Bei der Wasserkraft gebe es Potential durch Effizienzsteigerungen, verwies Pernkopf etwa auf die Modernisierung des Donaukraftwerks Ybbs-Persenbeug, die zusätzlichen Strom für 77.000 Haushalte brachte. Zum Thema Biomasse berichtete er von derzeit 813 Anlagen in Niederösterreich: „Diese Anlagen ersparen uns pro Jahr 20.000 Tanklastzüge an Heizöl.“ Alleine heuer werde man zehn neue Heizwerke errichten, bis 2030 wolle man 1.000 Biomasseanlagen in Betrieb haben. Zum Thema Stromnetz meinte er: „Wir bekennen uns ganz klar dazu, dass wir Leitungen bauen müssen. Denn das Thema Energiewende ist vom Umweltthema auch zum Sicherheitsthema geworden."

Der Wirtschaftsforscher Christian Helmenstein informierte über das Thema Windkraft und verwies auf die Bedeutung des Re-Powering: „Alle vier Jahre sind wir doppelt so leistungsfähig in der Windkraft als vier Jahre früher.“ Aus dem Betrieb der niederösterreichischen Windkraftanlagen entstehe pro Jahr eine Wertschöpfung von 496 Millionen Euro, etwa 91 Prozent davon ließen sich Niederösterreich zuordnen. Darüber hinaus würden aus der Windkraft in Niederösterreich „über 1.000 zusätzliche Jobs“ entstehen. Den fiskalischen Effekt beziffert er mit 280 Millionen Euro an zusätzlichen Steuer- und Abgabeneinnahmen. Aus den Investitionen in die niederösterreichischen Windkraftanlagen seien 1,4 Milliarden Euro an Wertschöpfung entstanden: „Die Investitionstätigkeit alleine schafft 2.000 Arbeitsplätze, die zum laufenden Betrieb noch dazukommen.“

Franz Angerer, der Geschäftsführer der Österreichischen Energie-Agentur, sprach von einem „Abhängigkeitsproblem“ von Energie-Importen. Der Ausbau der Erneuerbaren Energie sei zwar erfolgreich, aber auch der Verbrauch habe sich erhöht: „Da Energiesystem ist nur global zu sehen. Probleme können nur europäisch gelöst werden, aber wir brauchen auch nationale Aktivitäten und Aktivitäten in den Bundesländern.“ Es gebe ein „Zusammenspiel von internationalen Notwendigkeiten und nationalen und regionalen Engagements“, so Angerer, der dazu aufrief, „mutig in die Zukunft zu schauen und mit Optimismus in die Zukunft zu blicken“. Als Beispiel nannte er den NÖ Energiefahrplan 2030 aus dem Jahr 2011: „Die damals festgesetzten Ziele erschienen irrsinnig hoch. Aber die Ziele für 2015 und 2020 wurden alle erreicht.“

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